Ich schreibe den Beitrag für Menschen, die den Begriff „Corken“ kennen, z.B. von der Critical Mass (Wenn nicht, dann „Corken Critical Mass“ in der Suchmaschine deiner Wahl eingeben).
Corken auf Fahrraddemos, die bei der Ordnungsbehörde angezeigt sind, funktioniert technisch genauso wie bei der Critical Mass. Meistens haben diese Demos Polizeibegleitung. Manchmal ein Polizeifahrzeug vorne, eins hinten. Manchmal mit mehreren Polizei-Fahrzeugen, auch Motorrädern, manchmal mit Fahrrad-Polizist*innen. Das ist auch abhänmgig von der Anzahl der Menschen, die bei der Demoanzeige angegeben werden, mit denen die/der Demo-Veranstaltende rechnet.
Folgende Konstellationen sind denkbar:
- die Polizei erscheint so zahlreich, dass alle Kreuzungen und Einmündungen von der Polizei gesichert werden. Nach meiner Erfahrung – ganz grob – ab 200-300 Demo-Teilnehmenden, wenn sie im Stadtgebiet stattfindet.
- die Polizei sichert die großen Kreuzungen, die kleineren Sachen werden von den Demoteilnehmenden gekorkt.
- die Polizei erscheint nicht (ist keine Pflicht), die Demoteilnehmenden haben freie Hand und sichern alles selbst (schon erlebt bei Mini-Demo mit 8 Menschen)
- die Polizei untersagt das Corken, erklärt, die Sicherung selbst zu übernehmen, ist allerdings dazu nicht in der Lage (zu wenig Fahrzeuge/Polizisti).
Dieser letzte Fall ist der interessanteste. Folgende Szenarien sind denkbar:
- die Polizei erscheint vor der Demo in erkennbar zu geringer Anzahl für vollständige Absicherung.
— die/der Versammlungsleiterin bespricht sich vor der Demo mit der polizeilichen Einsatzleiterin.
— die Demoteilnehmenden korken ohne vorherige Absprache
Übrigens: auf Fahrraddemos gilt nicht die StVO, sondern das Versammlungsrecht. Es sei denn, die polizeiliche Einsatzleiter*in sagt: „wir fahren heute nach StVO, z.B. halten wir an roten Ampeln und rote Ampeln unterbrechen auch den Demozug, wenn die Spitze bei grün eingefahren ist. Der hintere Teil bleibt bei rot stehen, der vordere Teil wartet dann an geeigneter Stelle“. Damit sparen sie sich die Kreuzungsabsicherung. Wird eher bei sehr kleinen Fahrraddemos gemacht.
Also, auf Fahrraddemos gilt nicht die StVO. Es ist z.B. möglich, wenn die polizeiliche Einsatzleiter*in nicht interveniert, mit nicht straßen-konformen Fahrrädern zu fahren. Oder Menschen auf Ladeflächen zu transportieren. Es sei denn, der Auflagenbescheid der Demo unterbindet dies (oft ausgeschlossen sind z.B. E-Scooter). Oder die polizeiliche Einsatzleiter*in hat grundsätzliche Sicherheitsbedenken (z.B. Kindermitnahme ohne ausreichende Sicherung).
Zurück zum Thema: für den Fall, dass die polizeiliche Einsatzleiter*in das Korken untersagt, ob vorher oder während der Demo (passiert öfter), bleibt eigentlich – fast – nur das Akzeptieren des Risikos.
Jedoch gibt es auch eine konfrontative Option. Die Versammlungsleiter*in kann selbst Sicherheitsbedenken geltend machen und die Weiterfahrt stoppen. Oder zunächst solange weiterfahren, bis eine tatsächlich Gefahrensituation entsteht und dann die gesamtge Demo rechtzeitig stoppen (ungesicherte Kreuzung/Einmündung, auch ohne wartenden PKW). Hier ist der Ausgang ungewiss. Es gibt keine Erfahrungswerte. Vielleicht platzt die Demo und alle gehen nach Hause. Vielleicht erlaubt die polizeiliche Einsatzleiter*in dann doch das Corken. Vielleicht fordert er/sie Kräfte nach. Beim Corken gibt es noch keine mir bekannten praktischen Erfahrungen. „Verhandlungen“ bei Demos sind durchaus möglich und waren bei anderen Anlässen schon öfter erfolgreich.